Bernard & Bianca bei den Rittern des Rechts?

Lesedauer ca. 7 Minuten

Im Jahre 1977 erschien der 23. abendfüllende Disney-Zeichentrick-Kinofilm. Es handelte sich dabei um “Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei”. Dies war mein erster Disneyfilm auf VHS. Schon alleine deswegen wird er immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. In diesem Film begeben sich die Mäusedame Bianca und der Mäuserich Bernard im Auftrag der Rettungshilfsvereinigung in die Teufelssümpfe. Dort sollen sie das Mädchen Penny aus den nach einem Diamanten gierenden Händen der bösartigen Madame Medusa befreien.

Im Jahre 1991 wuselte im Rahmen des Disney Clubs ein Team aus Nagern über unsere Bildschirme. Dieses Team nannte sich die „Rettungstruppe“ und bestand aus dem hierzulande bereits als Ahörnchen und Behörnchen bekannten Duo Chip & Chap. Unterstützt wurden sie von: der technikversierten Mäusedame Trixi, dem käsesüchtigen Mäuserich Samson und dessen Sidekick, der Stubenfliege Summi. Gemeinsam erlebten die fünf Freunde Abenteuer, in denen sie die durchtriebenen Pläne tierischer (Al Katzone) oder auch menschlicher (Professor Nimnul) Gegner vereitelten.

Der Grundplot ist bei beiden recht ähnlich, oder? Das kommt nicht von Ungefähr…

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Rescue-Rangers
“Chip und Chap: Die Ritter des Rechts” – Bildquelle: Oh My Disney

Die Streifenhörnchen

Ahörnchen und Behörnchen, hatten ihren ersten Auftritt 1943 in dem Cartoon „Private Pluto“. Allerdings hatten sie dort noch keine Namen. Eigentlich sollten die beiden Streifenhörnchen auch nur in diesem einen Cartoon auftreten. Allerdings entschied man sich dann glücklicherweise, sie doch weiter zu verwenden. Ihre englischen Namen bekamen sie dann in ihrem dritten Cartoon, der auch so heißt, wie die beiden: „Chip an‘ Dale“. Zudem treffen die beiden erstmals auf ihren Lieblingsgegner: Donald Duck. Noch etwas macht diesen Cartoon besonders: wir erfahren, dass Chip & Dale sprechen können. Donald legte sich mit den beiden fortan in einer Reihe von Cartoons an und auch Pluto jagte sie weiterhin. Optisch sehen sich die beiden recht ähnlich. Allerdings ist Ahörnchens Fell manchmal etwas dunkler dargestellt und er hat eine dunkle Nase. Behörnchen hat eine größere rote Nase und hervorstehende Zähne.

Seitens Disney erkannte man, dass die ersten beiden Disney Zeichentrickserien „Disneys Gummibärenbande“ und „DuckTales – Neues aus Entenhausen“ Erfolg versprachen. Somit war klar, dass man auf weitere Serien dieser Art setzen wollte. Auch Filme, in denen Tiere Geschichten in der Welt der Menschen erlebten, kamen gut an. Also lag es auf der Hand, beides zu kombinieren. Man heuerte für dieses Projekt Tad Stones als Produzenten und Autoren an. Stones war seit der Gründung der „Walt Disney Television Animation“ im Jahr 1984 für diese tätig. Er hat unter anderem die Story zu dem TV-Cartoon „Sport Goofy in Soccermania“ geschrieben.

Wie aber kam man nun auf Chip und Chap als Titelhelden?

Wer ist Kit Colby?

Immer wieder stolpere ich über dieses Meme: Man sieht eine Bildcollage mit Tom Selleck in seiner Rolle als Magnum und Harrison Ford als Indiana Jones. Zudem sieht man eine Abbildung von Chip und Chap in ihren Serien-Outfits. Ergänzt wird das Ganze oft mit einem Spruch der Art „Das kapiere ich jetzt erst: Chap ist inspiriert von Magnum und Chip von Indiana Jones.” Das stimmt allerdings nur teilweise. Denn ursprünglich waren Chip und Chap nicht die erste Besetzung für die Titelhelden der Serie.

Bevor man Chip und Chap als Titelhelden in Betracht zog, gab es es bereits eine ähnliche Team-Zusammensetzung. Diese wurde noch unter dem Arbeitstitel „Metro Mice“ konzeptioniert. Trixi (im Original Gadget) war schon dabei, wenngleich sie sich optisch noch von der finalen Version unterschied. Mit im Team war auch eine noch namenlose Känguruhratte, die optisch schon sehr an Samson erinnerte. Weitere geplante Charaktere aus dieser Konzeptphase waren das Chamäleon Camille, die die Rolle einer Sekretärin einnehmen sollte. Vorgesehen war auch das Grillenmännchen Chirp Sing, welches das Team mit seinen Kung-Fu-Fähigkeiten unterstützen sollte. Dessen Name wurde später in der Serie für eine andere Figur, einem Vogel, wiederverwendet. Zudem existierte in dieser Version der kurzsichtige Adler Eagle Eye, der trotz seines Handicaps Späheinsätze übernehmen sollte. Und schließlich war da Kit Colby, ein Mäuserich mit Fliegerjacke.

Metro Mice
Aus Amy Mebbersons Tumblr und Eigentum von Tad Stones

In einem Meeting zwischen Tad Stones, Jeffrey Katzenberg und Michael Eisenberg zündete die Idee laut Stones bei seinen Vorgesetzten nicht. Katzenberg sagte sinngemäß: “Jungs, das ist noch nicht der Home Run!” Man wollte lieber auf Figuren setzen, die dem Zuschauer schon vertraut waren. Allerdings wollte man nicht die bekannteren Figuren, wie (schon wieder) die Ducks, oder Micky und Goofy verwenden. Man erinnerte sich aber, dass es auch Charaktere, wie Pluto oder eben Ahörnchen und Behörnchen gab. Die Quellen widersprechen sich etwas, ob nun Tad Stones oder Michael Eisenberg Chip & Chap ins Spiel brachten. Als ihre Namen gefallen waren, bekräftigte Jeffrey Katzenberg dies mit dem Ausruf “Home Run!”.

Über das Outfit Chaps, von dem immer wieder behauptet wird, es wäre von Magnum inspiriert gewesen, sagte Tad Stones in einem Interview:

So now Chip is wearing Kit Colby’s jacket, plus we gave him a little Indiana Jones hat. And Dale, the goofier one I don’t think we related it to Magnum, P.I. at the time, but we gave him a Hawaiian shirt.

(Chip trägt nun also Kit Colbys Jacke und wir gaben ihm einen kleinen Indiana Jones Hut. Und Chap, der ungeschicktere von beiden, von dem ich nicht glaube, dass wir ihn zu der Zeit mit Magnum in Verbindung brachten, ihm aber ein Hawaiihemd gaben.)

Was aber haben Chip und Chap nun mit Bernard und Bianca zu tun?

Bernard und Bianca – Die Serie?

„Miss Bianca“ ist eine Kinderbuchserie von Margery Sharp. Basierend auf dieser Reihe und im Besonderen auf dem Abenteuer „Bianca und ihre Freunde“ entstand der Zeichentrickfilm „Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei“. Im Mittelpunkt stehen dabei die titelgebenden Mäuse: Madame Bianca, eine Mäusedame aus Ungarn und Mäuserich Bernard aus New York. Beide lernen sich in der Zentrale der Rettungshilfsvereinigung kennen. Dort war zuvor der Hilferuf der kleinen Penny per Flaschenpost eingegangen. Penny ist ein Waisenmädchen, das von Madame Medusa in die Teufelssümpfe entführt wurde, um dort einen Diamanten zu suchen. (Ursprünglich sollte übrigens erneut Cruella de Vil die Schurkin sein .) Bei ihrer Mission unterstützt werden die beiden Mäuse von Albatross Orville, Ellie Mae nebst einigen Sumpfbewohnern und der Libelle Libellchen.

Noch bevor man das Team um Kit Colby entwickelte, sollte die neue Serie zunächst als Spin-off zum Film „Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei“ konzipiert werden. Jeffrey Katzenberg war ebenfalls seit 1984 im Unternehmen und dort für die Filmsparte und die Zeichentrickabteilung verantwortlich. Als Chef der Walt Disney Animation Studios stoppte er die Idee des Spinoffs. Die Animation Studios arbeiteten da nämlich bereits an der Kinofortsetzung „Bernard und Bianca im Känguruland“.

Jake in The Rescuers Down Under
Bianca und Bernard treffen in Australien auf den Mäuserich Jake. Bildquelle: Oh My Disney

Gewisse Inspirationen sind allerdings nicht von der Hand zu weisen. Mit “Metro Mice” verriet schon der erste Arbeitstitel, dass man an Mäusen festhalten wollte. Auch der ursprüngliche Hauptcharakter Kit Colby war eine Maus und auch Trixi war von Anfang an als Mäusedame konzipiert. In der finalen Version war es nun Samson, der den Part des Mäuserichs übernahm. Summi ist zwar nun keine Libelle, aber eine Stubenfliege.

Chip und Chap?

Oh ja, eins hätte ich ja fast vergessen: Warum heißen Chip & Dale in der deutschen Übersetzung nun Chip und Chap? Dazu müsste man tatsächlich das Synchronstudio befragen, das mit der deutschen Bearbeitung beauftragt wurde. Hier kann ich also nur vermuten, dass man griffigere Namen wollte und vielleicht die Originalnamen in Betracht zog. Allerdings könnte man hierzulande den Namen Chippendale am ehesten mit der Showtanzgruppe “Chippendales” assoziieren. Um dem vorzubeugen könnte man das Konzept eines ausgetauschten Buchstabens angewendet haben, das schon bei den ursprünglichen Namen Ahörnchen und Behörnchen Anwendung gefunden hatte. So wurde aus Dale Chap (den Vokal A hat er sogar mitgenommen). Klingt das plausibel? Spekuliert gerne mit. Vielleicht weiß es auch jemand von Euch besser. Dann schreibt es bitte in die Kommentare. 🙂 Im Original sind die beiden natürlich nicht nach der Tanzgruppe benannt, sondern nach Thomas Chippendale, einem bekannten Kunsttischler.

Und was kommt dann?

Natürlich erscheinen weitere Inhalte mit Chip und Chap, allerdings fast keine neuen Inhalte mit der Rettungstruppe. Die beiden Streifenhörnchen haben mit “Kleine Abenteuer mit Chip und Chap” einen Kurzfilm-Ableger im Kosmos von “Micky und die flinken Flitzer” bekommen. Seit dem Start von Disney Plus gab es auch Berichte über eine neue Serie mit den beiden Streifenhörnchen. Allerdings sind die Berichte darüber wieder etwas verstummt, was schade ist. Offenbar gab es sehr viele negative Reaktionen auf die Machart der Serie, einige bezeichneten diese ohne jemals eine Episode davon gesehen zu haben, als Zerstörung von Chip und Chap. Ob diese Serie noch kommt, bleibt also abzuwarten.

Chip & Dale (Disney+)
Quelle: Collider

Eben sagte ich in Bezug auf ein Wiedersehen mit der Rettungstruppe, dass es fast keine neuen Inhalte gibt. In der 3. Staffel der neu aufgelegten DuckTales-Serie wird es nun tatsächlich ein Wiedersehen mit der Rettungstruppe geben. Diese Episode lief in den USA bereits. Wie viele weitere Disney-Afternoon-Serien feiern die Ritter des Rechts damit ihren Einzug ins DuckTales Extended Universe. Dass dies passieren kann, war allerdings ein gewagtes Spiel, wie Frank Angones, Autor und Produzent des DuckTales – Reboot,  zugeben musste. Eigentlich stehen Chip & Chap, bzw. die Rettungstruppe, nämlich auf einer Liste von Charakteren, die zur Verwendung in anderen Produktionen gesperrt sind.

DuckTales Rescue Rangers
Quelle: fandom.com

Was aber bemerkenswert ist: Frank Angones wollte gerne mehr mit der Rettungstruppe machen. So präsentierte er bei Disney ein Konzept für einen Reboot der Serie, die er selbst als inspiriert vom Film “The Kingsmen” bezeichnete.

Das Konzept sah vor, dass die Handlung um Chip und Chap auf einer von drei Zeitebenen spielen würde. Die älteste Zeitebene beleuchtet die Gründung einer gewissen Rettungshilfsvereinigung durch Olivia Hampelmann im Zuge der Ereignisse aus dem Film “Basil, der große Mäusedetektiv”. Die mittlere Handlungsebene sollte zur Zeit der Rettungshilfsvereinigung um Bernard und Bianca spielen, die im Laufe der Zeit zerschlagen wird. In der jüngsten Zeitebene ist der gealterte Bernard der letzte Aktivist der New Yorker Niederlassung. Chip ist seit Kindheitstagen Fan der Rettungshilfsvereinigung und möchte Mitglied dieser werden. Bernard findet ein Schlupfloch, da Streifenhörnchen seit jeher den Ruf haben, für Ärger zu sorgen und somit nie in die Rettungshilfsvereinigung aufgenommen wurden. Also lässt er Chip und Chap die Rettungstruppe gründen. Damit wäre in dem Reboot die Verbindung der beiden Franchises auch handlungstechnisch aufgegriffen worden.

Angones ist überzeugt, dass dieses Konzept Disney zum einen zu komplex war, um es als Zeichentrickserie zu produzieren. Zum anderen hängt dies auch mit dem Live-Action – Abenteuer zusammen, das Lonely Island gerade exklusiv für Disney Plus produziert.

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Schade, ich würde diese Serie sehr gerne realisiert sehen. Wie seht Ihr das? Schreibt es in die Kommentare.


Quellen:

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4 Antworten auf „Bernard & Bianca bei den Rittern des Rechts?“

  1. Das mit den neuen deutschen Namen ist tatsächlich eine sehr gute Frage, über die ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass das Synchronstudio die eingeführt hat, denn die Synchro fällt in die Gründungszeit von Disney Character Voices International, also hat es sehr wahrscheinlich jemand von denen entschieden. Habe schon versucht da Kontakte herzustellen, hatte aber bislang leider noch keinen Erfolg. Falls sich mal was auftut, werde ich fragen.

    Vor ca. 10 Jahren machte übrigens auch eine Meldung die Runde, dass Mandeville Films eine Real-/Trickfilmversion á la “Alvin und die Chipmunks” von den Rittern des Rechts produzieren sollte. Wie stehst du zu dieser Idee, Steffen?

  2. Die geplante Realverfilmung ist ja weiterhin in der Mache, wie oben erwähnt. Nur hatte ich jetzt von “Lonely Island” als Produktionsfirma gelesen. Prinzipiell bin ich da immer erstmal offen. Es gibt bei den Disney-Realverfilmungen aus meiner Sicht gute Ansätze, weniger gute und die, die es vielleicht nicht gebraucht hätte. Spielen Menschen in der Produktion eine Rolle, finde ich es gut – ähnlich wie bei “Susi & Strolch” zum Beispiel. Dann spielt natürlich auch immer noch eine Rolle, was die Story hergibt. Ist es nur ein Remake des Serien-Auftakts oder bietet die Story eine Erweiterung oder einen anderen Blickwinkel? Wie gesagt, ich bin erstmal neugierig drauf.

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