Der Mann hinter der Marke: 5 Kurzfilme, um Walt Disney besser zu verstehen

Walt Disney produzierte zu seinen Lebzeiten mehrere Hunderte von Kurzfilmen. Cartoons, Realkurzfilme und Kurzdokumentationen. Wir haben fünf ausgesucht, mit deren Kenntnis ihr den Filmschaffenden besser versteht.

Mehr und mehr konzentriert sich die öffentliche Wahrnehmung dessen, was Disney ausmacht (und Firmengründer Walt Disney geleistet hat), auf abendfüllende Filme und Themenparks. So wenig es an der Aufmerksamkeit für Langfilme und Themenparks auch auszusetzen gibt, ist es bedauerlich, wie sehr dadurch die Kurzfilme Disneys ins Hintertreffen geraten.

Schließlich sind Kurzfilme das Fundament, auf dem das Schaffen der komplexen, komplizierten Person Walt Disney fußt: Ohne „Alice in Cartoonland“ kein Glückshase Oswald, ohne Oswald kein Micky Maus, und mit dem pfeifenden Mäuserich begann bekanntlich das große Disney-Erbe. Die zu Walt Disneys Lebzeiten produzierten Kurzfilme sind aber auch aus einem weiteren Grund beachtenswert. Denn anhand von ihnen gewinnt man einen vielsagenden Einblick in die Person Walt Disney. Fünf Beispiele (von vielen möglichen) habe ich euch als Beleg hier rausgesucht:

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„Mickey’s Gala Premier“ / „Mickys große Show“ (1933)

Walt Disney's Mickey's Gala Premier
© Disney

Fünf Jahre nach dem Debüt von Micky Maus befinden sich sowohl das Rundohr als auch die Disney-Studios ganz woanders als noch zu ihren Anfängen. Aus den Farmersjungen, Träumern und nach Hollywood gezogenen Rabauken, die sich in der Traumfabrik zu behaupten versuchen, wurden vollwertige Mitglieder der Glitzerwelt von Los Angeles. Der kleine Mäuserich, der Walts letzte Hoffnung darstellte, und in frühen Kurzfilmen in ländlicher Gegend Unfug treibt, ist nun wiederum ein Superstar, zu dem andere Stars aufsehen.

Dieser Statuswandel wird wunderbar verdeutlicht durch den Kurzfilm „Mickey’s Gala Premier“, der davon handelt, dass Micky eine große Galapremiere in Hollywood feiert, umgeben von ihn zelebrierenden Superstars. Das nutzt „Three Little Pigs“-Regisseur Burt Gillett als Grundlage für ein Karikaturen-Schaulaufen – doch es ist auch zweifelsfrei eine Bestandsaufnahme und eine kleine Ehrenrunde der Disney-Studios, die sich zügig hochgearbeitet haben und hier selbst auf die Schulter klopfen.

Fun Fact: „Mickey’s Gala Premier“ war die letzte Übertragung, die die BBC 1939 im Fernsehen gezeigt hat, bevor der Sendebetrieb wegen der Angriffe der Deutschen eingestellt wurde. Sechs Jahre später nahm die BBC den TV-Betrieb wieder ein. Erneut lief „Mickey’s Gala Premier“.

„The Golden Touch“ / „Die glückliche Hand“ (1935)

Walt Disney's The Golden Touch
© Disney

Habt ihr euch gewundert, weshalb Walt Disney zwar als Sprachrohr seines Unternehmens agierte, als großer Ideengeber und Ideenbewerter, als Organisator und vor allem als Produzent – aber selten als Regisseur? Und das, obwohl sehr viele, die mit ihm zusammenarbeiteten, Walt Disney als Naturtalent im Geschichtenerzählen beschrieben haben? „The Golden Touch“ ist die Antwort!

Die Silly Symphony auf Basis der Midas-Sage wurde fünf Jahre nach Walt Disneys bis dahin letzter Regiearbeit in Produktion genommen. Disney war zu diesem Zeitpunkt von seiner Cartoon-Regiegarde enttäuscht und meinte, er könnte es selber besser. Um das zu beweisen, nahm er die Regie bei diesem Cartoon selbst in die Hand. Doch „The Golden Touch“ war ein völliger Misserfolg: Das Publikum zeige keinerlei Gefallen an der einseitigen Skizzierung von Midas und der schleppenden Inszenierung. Daraufhin gab Walt Disney jegliche Regieambitionen auf – und er erteilte innerhalb des Studios das Verbot, „The Golden Touch“ jemals in seiner Gegenwart zu erwähnen.

„Mickey’s Polo Team“ / „Mickys Polo-Team“ (1936)

Walt Disney's Mickey's Polo Team
© Disney

Während die Disney-Animationsstudios lange über mögliche Langfilme grübelten und den Ideen grünes Licht erteilten, die für sich stehend vielversprechend klangen, galt es bei den Kurzfilmen, einen hoch getakteten Output zu leisten. Somit erhielten die Kurzfilme eine etwas persönlichere Einfärbung bezüglich dessen, welche Grundideen durchgewunken wurden: Die Inspiration will einfach nicht kommen, aber es muss mal langsam wieder ein neuer Micky-Kurzfilm her? Na gut, dann schauen wir halt bei unserem eigenen Alltag ab …

So erschien 1936 „Mickey’s Polo Team“ von Regisseur David Hand (er wirkte u.a. auch an „Bambi“ mit). In dem Kurzfilm spielen Micky, Goofy, der Große Böse Wolf und Donald gegen Stan Laurel, Oliver Hardy Harpo Marx und Charlie Chaplin Polo. Die Inspiration zu diesem Kurzfilm liegt auf der Hand, denn Mickys damalige Stimme und der Produzent des Kurzfilms, Walt Disney, war zu jener Zeit passionierter Polospieler – angefixt wurde er von Schauspielstar Will Rogers (damals der bestbezahlte Mime der Welt), bald darauf spielte er mit der Hollywood-Elite, um Dampf abzulassen und um Networking zu betreiben.

Dabei begegnete er auch öfters Charlie Chaplin, von dem Disney schon als Kind großer Fan war. Als Verweis auf Disneys Poloanfänge sollte übrigens eigentlich Will Rogers im Star-Team von „Mickey’s Polo Team“ mitspielen – doch als er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, wurde beschlossen, ihn aus Pietätsgründen durch Chaplin zu ersetzen.

„The Practical Pig“ / „Schweinchen Schlau“ (1939)

Walt Disney's The Practical Pig
© Disney

1933 war „Three Little Pigs“ ein wahrer Sensationserfolg: Das Lied „Who’s Afraid of the Big Bad Wolf?“ wurde in den von der Großen Depression geschundenen USA ein musikalisches Phänomen. Kinos, die den Cartoon spielten, konnten sich sicher sein, dass der Saal voll wird – und daher blieb „Three Little Pigs“ deutlich länger in Zirkulation als üblich. Kinobetriebe bettelten geradezu um mehr von den drei kleinen Schweinchen – und die Disney-Studios gaben ihnen, was sie forderten.

Ganze drei Fortsetzungen entstanden, die jedoch nicht erneut die Begeisterung entfachen konnten, die das Original auslöste. Walt Disney war der Legende nach so wenig von den Sequels angetan, dass er beschloss, keine weiteren Cartoons mehr mit den Schweinchen zu produzieren. Sein Urteil lautete: „You can’t top pigs with pigs“ – du kannst Schweine nicht mit Schweinen übertreffen.

Mit diesem Mantra sprach sich Walt Disney – heute undenkbar – wiederholt gegen Fortsetzungen weiterer Hits aus. Zu Disneys Lebzeiten produzierte sein Studio nur sehr wenige Sequels, die meisten wurden mit dem Schweinchen-Spruch abgeschmettert. Und auch die Bitte von Kinobetrieben, den Publikumsliebling Seppl aus „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ in einer eigenen Cartoonreihe zurückkehren zu lassen, wurde von Walt Disney aufgrund seiner Schweinchen-Erfahrung ignoriert.

Oft vergessen ist aber folgendes Happy End der Beziehung von Walt zu den Schweinchen: Als 1962 das mexikanische, filmschaffende Paar Carlos & Marga Amador auf Walt Disney zukam, bat es ihn um eine Zusammenarbeit: Sie planten einen Realfilm mit Trickelementen und wollten auch ein Segment über die drei kleinen Schweinchen umsetzen – und dafür wollten sie gern Disneys Interpretation der Figuren nutzen, die in einer von Disneys Team gezeichneten Episode herumtollen.

Viele Filmschaffende gingen zuvor auf Walt Disney mit ähnlichen Absichten zu und wurden der Tür verwiesen – selbst der mit Walt Disney befreundete Gene Kelly, der in „Anchors Aweigh“ mit Micky Maus tanzen wollte, bekam eine Absage erteilt. Doch den Amadors gelang es, sein Herz zu erweichen: Als sie Disney erzählten, dass die Hälfte der Einnahmen ihres Films „Cri-Cri, El Grillito Cantor“ an eine wohltätige Organisation gespendet werden, die Schulkindern eine sättigende Mahlzeit ermöglicht, willigte er ein, die Schweinchen in einem neuen Abenteuer exklusiv für ihr Projekt zurückkehren zu lassen. It seems, you can top pigs with pigs for charity!

„Out of Scale“ / „Nicht maßstabsgetreu“ (1951)

Walt Disney's Out of Scale
© Disney

Walt Disneys Passion für Polo nahm eines Tages ein jähes Ende: Disney wurde immer selbstsicherer beim Sport seiner Wahl und auch ehrgeiziger, so dass er über gelegentliche Freundschaftsspiele unter Hollywoodkollegen hinauswuchs. Er versuchte, sich mit Profiteams zu messen – was schwere Folgen haben sollte. Denn bei einem Spiel mit einer südamerikanischen Profimannschaft fiel er vom Sattel und brach sich vier Wirbel. Es sollte eine bleibende Verletzung werden, die ihn dazu zwang, Polo hinter sich zu lassen und den Rest seines Lebens regelmäßige Rückenmassagen zu benötigen, um die Schmerzen zu lindern.

Walt Disneys Suche nach einem neuen Hobby wurde letztlich von seinen Zeichnern Ollie Johnston und Ward Kimball in bestimmte Bahnen gelenkt: Sie steckten Walt Disney mit ihrer Begeisterung für Modellbahnen an – aber nicht etwa für solche Modellbahnen, wie sie Millionen von Menschen in ihren Hobbykellern haben. Gemeint sind Modellbahnen solcher Ausmaße, dass auf/in ihnen erwachsene Menschen Platz nehmen können.

Johnston, Kimball und letztlich Walt Disney lieferten sich schlussendlich eine Art Wettrüsten, wer die schönste, längste, größte Modellbahn besitzt und die beste Modellbahnstrecke im eigenen Garten hegt. Bevor diese Faszination die Architektur von Disneyland beeinflussen sollte, inspirierte sie 1951 bereits die Disney-Autoren Bill Berg & Nick George sowie Regisseur Jack Hannah zum Donald-Duck-Cartoon „Out of Scale“, in dem sie liebevoll-neckisch die Passion von Disney, Kimball und Johnston auf die Leinwand bringen: Donald hat darin eine große Modellbahn in seinem eigenen Garten und ist besessen davon, dass alles auf seiner Strecke im korrekten Maßstab bleibt, weshalb seiner Ansicht nach der Heimatbaum von Ahörnchen und Behörnchen weichen muss. Chaos folgt …

In der Episode „Where Do the Stories Come From?“ seiner TV-Show „Disneyland“ sollte Walt Disney die Inspiration hinter dem Cartoon selbst ansprechen: Er erläutert darin die Faszination Modellbahn, die er und Teile seiner Crew haben, zeigt privates Filmmaterial und gibt zu, dass dieses Thema, das in den Disney-Studios immer wieder zur Sprache kam, letztlich die Köpfe hinter den Donald-Cartoons darauf gebracht hat, einfach mal einen Kurzfilm drüber zu produzieren. Dass es den Cartoon (und womöglich Disneyland, wie wir es kennen) nicht geben würde, hätte er sich nie beim Polo verletzt, erwähnte er derweil nicht.

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Das waren fünf (von vielen) Kurzfilmen, mit denen ihr euch die Person Walt Disney besser erschließen könnt. Von seinen Hobbys bis hin zu seinen Businessentscheidungen. Kennt ihr die hier genannten Kurzfilme, oder habe ich euch hiermit erstmals auf den Geschmack gebracht, sie euch anzuschauen? Lasst es mich wissen – und wenn Interesse besteht, suche ich vielleicht eines Tages weitere Kurzfilme raus, um Walt Disney weiter zu erläutern.

Eine Übersicht aller Walt Disney Kurzfilme findet ihr auf unserer praktischen Übersichtsseite.

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2 Antworten auf „Der Mann hinter der Marke: 5 Kurzfilme, um Walt Disney besser zu verstehen“

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