Willkommen zurück! In diesem zweiteiligen Gastbeitrag, beschäftigen sich unsere Leser Matthias und Melchior mit der Frage: „Über 2 Jahre Disney+ in Deutschland und alles gefixt?!“ und beleuchten dabei eine Auswahl an Baustellen, welche der Streamingdienst des Mäusekonzerns nach seinem Launch in Deutschland am 24. März 2020 noch immer nicht vollständig in den Griff bekommen hat.
Nachdem wir im ersten Teil allgemeine Fehler auf Disney+ beleuchtet haben, verlagert sich unser Fokus im zweiten Teil der Reihe zu den unausgereiften Strategien, die unserer Meinung nach, derzeit von Disney+ in Deutschland verfolgt werden. Wir versuchen auf die einzelnen Punkte genauer einzugehen. Jedoch kann es vorkommen, dass wir nicht jeden Punkt, tiefgründiger untersuchen können. Wenn ihr Fragen habt, könnt ihr diese gerne in den Kommentaren stellen.
Veröffentlichungspolitik getreu dem Motto: „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“
Ich wär’ so gern wie Du, Netflix!
Netflix zählt bei Investitionen in lokale Inhalte zu den Vorreitern. Nun ziehen Unternehmen mit globalen Expansionsplänen wie Disney kräftig nach und verstärken ihr Engagement in lokale Inhalte und Koproduktionen, die im Anschluss zum Großteil einem globalen Publikum zugänglich gemacht werden sollen. Erst kürzlich teilte Disney-CEO Bob Chapek mit, dass sich aktuell etwa 500 Originals in verschiedenen Stadien der Entwicklung bzw. Produktion befinden, die allesamt nicht aus den USA stammen, und in den nächsten Jahren veröffentlicht werden sollen. Netflix verfolgt zudem erfolgreich die Strategie, seine Eigenproduktionen und einige Lizenzeinkäufe simultan bzw. minimal zeitverzögert weltweit zu veröffentlichen.
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Bei Disney hingegen herrscht ein riesiges Wirrwarr. Klar sind beispielweise Titel, die in den USA auf den Networksendern oder Kabelsendern ausgestrahlt werden, schwieriger für eine weltweit simultane Veröffentlichung zu planen, jedoch ist das größte Durcheinander vor allem bei den Originals der verschiedenen Streamingdienste von Disney zu beobachten. Und hier liegt auch mit eines der größten Probleme.
Disney betreibt weltweit verschiedene Streamingdienste mit unterschiedlichen Ausrichtungen bzw. unterschiedlichen Kombinationen von Inhalten. Darunter zählen: Disney+, Disney+ (Star), Disney+ Hotstar, Hotstar, Star+, ESPN+ und Hulu. Und jeder dieser Dienste und jeder lokale Ableger besitzt unterschiedliche Veröffentlichungspläne, auch bei den Originals.
Während die Originals von Disney+ aus den USA größtenteils einen weltweit einheitlichen Veröffentlichungstermin besitzen, verfügen viele internationale Disney+ Originals sowie die hierzulande als Star Originals bezeichneten Eigenproduktionen von Star, Star+, Hulu, und Disney+ Hotstar, über unterschiedliche Starttermine, die sich von Region zu Region bzw. von Land zu Land unterscheiden.
Als Beispiel wäre hier die französische Disney+ Original-Serie „Wochenend-Familie“ zu nennen. Die weltweite Veröffentlichung erfolgte bisher in drei Blöcken. Diese wären, der 23.02.2022 (u.a. Frankreich, Kanada, Benelux, Skandinavien, Spanien, Portugal, Australien, Neuseeland, Singapur, Hongkong, Taiwan, Indonesien, Malaysia und Thailand), der 09.03.2022 (u.a. USA, UK und Italien) und der 25.05. 2022 (u.a. Deutschland, Japan und Lateinamerika).
Dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass hier unbedingt an einem möglichst weltweit einheitlichen Veröffentlichungsplan der Original-Inhalte gearbeitet werden muss.
Was möchtest Du tun in Bezug auf Veröffentlichungstermine?
Eine gute Synchronfassung braucht Zeit. Und dies könnte Disney zumindest bei den Originals seiner Streamingdienste leicht bewerkstelligen. Umso ärgerlicher ist es, wenn eine unter Druck entstandene Synchronisation bereits zu einem potentiellen weltweit zeitgleichen bzw. zeitnahen Starttermin fertiggestellt wurde und bewusst zurückgehalten wird bzw. vorab schon außerhalb der DACH-Region verfügbar ist. Am 13. April 2022 erschien in weiten Teilen der Welt das italienische Star Original „Die ahnungslosen Engel“. Die deutsche Synchronfassung war zum Premierentermin fertiggestellt, aber die Veröffentlichung hierzulande erfolgte erst am 1. Juni 2022. Ein weiteres Beispiel wäre das spanische Star Original „Besos al aire: Küssen verboten“, welches im Zeitraum um die Premiere der Miniserie in Spanien auf Deutsch synchronisiert wurde. Aber erst um die 9 Monate nach Fertigstellung der deutschen Synchronisation erfolgte hierzulande die Veröffentlichung. Ein paar Monate zuvor war die deutsche Synchronfassung jedoch schon in vielen europäischen und lateinamerikanischen Ländern verfügbar.
Und noch eine Sache dürfte bei dem ein oder anderen Abonnenten sauer aufstoßen. Neben den Originals wurden und werden für Disney+ ebenfalls Titel der US-amerikanischen TV-Sender von Disney auf Deutsch synchronisiert, die hierzulande nicht vom Disney Channel ausgestrahlt werden, bzw. es wurden nachträglich ältere Serien für Disney+ synchronisiert. Das Problem dabei ist, dass ein Großteil dieser Titel hierzulande unnötigerweise zurückgehalten wird. Stellenweise sind diese Synchronfassung zwar außerhalb der DACH-Region auf Disney+ verfügbar, aber es gibt auch solche, die teilweise seit 2019 im Giftschrank/Archiv vor sich her vegetieren und unveröffentlicht sind.
Hier findet Ihr eine Auswahl an Serien oder Staffeln, bei denen eine deutsche Synchronfassung bereits existiert, die für Disney+ entstanden ist, jedoch hierzulande noch unveröffentlicht sind:
- „Die Ritter von Castelcorvo“ (Staffel 1, ITA, Disney+ Original)
- „Impuros“ (Staffeln 1-3, BRA, Star Original)
- „Camp Kikiwaka“ (Staffeln 4-5, USA, Disney Channel)
- „Andi Mack“ (Staffel 3, USA, Disney Channel)
- „Das Geheimnis von Sulphur Springs“ (Staffel 2, USA, Disney Channel)
- „So ein Zufall!“ (Staffel 1, USA, Disney Channel)
- „Sydney to the Max“ (Staffel 1, USA, Disney Channel)
- „Zuhause bei Raven“ (Staffeln 2-4, USA, Disney Channel)
Und ebenfalls hier muss nachgebessert werden. Vor allem bei den US-Serien der TV-Sender, die unter der Marke Disney flimmern. Zwar sendet hierzulande noch der Disney Channel, dieser verzichtet jedoch seit einiger Zeit in der Daytime auf die Ausstrahlung neuer Live-Action-Serien von Disney. Unser Vorschlag wäre, das italienische Model zu übernehmen. Dort werden seit der Schließung des Disney Channels regelmäßig die neuen Folgen und neuen Serien dieser Rubrik auf Disney+ veröffentlicht. Bedeutet, die Veröffentlichung aller neuen Live-Action-Serien bzw. neuen Folgen dieser Serien erfolgt künftig durch Disney+ im deutschsprachigen Raum.
Marketinggefilde, in denen noch niemand war
Wer den deutschsprachigen Social-Media-Kanälen von Disney bzw. Disney+ folgt, der bemerkt schnell, dass die Bespielung dieser, mit neuen Inhalten und Informationen, nur im geringen Maße erfolgt. Ebenfalls auffällig ist, dass manch neue Information im Vergleich zu den Kanälen in anderen Sprachen erst mehrere Tage bis sogar Wochen später durch die deutschen Accounts kommuniziert werden. In manchen Fällen wird eine Information überhaupt nicht mitgeteilt.
Auch werden durch das deutsche Team selten eigene Inhalte erstellt bzw. lokale Informationen kommuniziert. Vor allem bei Originals, die nicht aus den USA stammen. Es wirkt meist so, als würde nur das nötigste, am unteren Rande, umgesetzt werden. Im Vergleich dazu investiert etwa Disney+ in Japan oder Korea deutlich mehr in Werbung. Dazu reicht es aus, sich die entsprechenden Konten auf Instagram, Twitter, YouTube und Facebook anzuschauen. Neben deutlich mehr Werbematerial und Backstagematerial, werden die Abonnenten zusätzlich über neue Inhalte und lokale Eigenproduktionen aus Asien besser informiert. Und auch die Konten für Frankreich, Spanien und Italien werden mit mehr Informationen bespielt. In Frankreich etwa gibt es auf den Konten viel zusätzliches Material zu sehen und in Italien werden die Abonnenten über die einzelnen Veröffentlichungstermine von „Grey’s Anatomy“ in einer Übersicht informiert. Während die Wochenlisten in Deutschland nur eine Auswahl an Titeln zeigt, die in der Woche erscheinen, zeigt die Liste in Spanien jeden einzelnen Titel. Hier wirkt es immer so, als dürfte hier nur ein Übersichtsbild gepostet werden, während es in Spanien meist 2-3 Bilder sind.
Hierdurch gehen nicht selten der ein und andere Titel unter. Wie bereits erwähnt betrifft es meist die Originals, welche nicht aus den USA stammen, aber auch Lizenzeinkäufe, die teilweise sogar als Deutschlandpremiere hinzugefügt werden. Dazu zählen etwa „Finding Alice“ oder „Antidisturbios – Bereitschaftspolizei“.
Ein Glück, dass es denn Abschnitt „Neu auf Disney+“ gibt. Ansonsten würden wohl noch mehr Titel untergehen, da diese nicht genügend bzw. überhaupt nicht auf den Social-Media-Kanälen kommuniziert werden. So mal auch diese nicht alle Abonnenten erreichen können.
Zusammengefasst wirkt die Umsetzung der Marketingstrategie im deutschsprachigen Raum lieblos, ein wenig faul und uninspiriert. Hier muss nachgebessert werden. Auch um den Abonnenten besser zu informieren und eine gewisse Bindung herzustellen. Weshalb der deutschsprachige Twitter-Account von Disney+ nie bespielt wurde, wissen die Mitarbeiter der Marketingabteilung wohl nur selbst.
Fazit: Möge die Macht mit dir sein, Disney+
Nachdem wir all diese Baustellen durchgegangen sind, was bleibt noch zu sagen? Zuallererst nehmen wir freudig zur Kenntnis, dass an den Problemen gearbeitet wird, auch wenn es nur mit kleinen Schritten vorangeht. Wir wünschen uns eine bessere redaktionelle Betreuung von Disney+ in Deutschland, welche vor allem die diversen Fehler vor der Veröffentlichung eines Titels hierzulande behebt, sowie eine weltweit einheitliche Programmplanung, zumindest für die Original-Inhalte. Und für den ersten Punkt benötigt es keinen Mitarbeiter in Manager-Gehaltsklasse. Die Titel, welche wöchentlich hinzugefügt werden, sind überschaubar und es liegen dem Unternehmen auch entsprechende Tools vor, um die Probleme schnell und einfach zu erkennen sowie zu verbessern – auch wenn es notwendig wird, einen ellenlangen Fehlerreport an die zuständige Stelle in Europa oder den USA zu schicken.
Woran noch gearbeitet werden müsste ist die Kommunikation innerhalb des Unternehmens, denn manchmal weiß die eine Abteilung nicht, was die andere macht. Wir bekommen das vor allem durch sich widersprechende bzw. fehlerhafte Pressemittelungen und Beiträge des Konzerns in den sozialen Medien mit.
Ebenfalls wünschen wir uns eine bessere Vermarktung der Original-Inhalte und exklusiven Lizenzeinkäufe. Besonders die Originals, die nicht aus den USA stammen, finden auf den deutschsprachigen Social-Media-Kanälen meist – wenn überhaupt – nur nebensächlich Erwähnung (in der Monats- und Wochenliste). Was wirklich schade ist, da hierdurch schon viele interessante Titel durchs Raster gefallen sind. Auch lässt sich mit dieser Maßnahme die Bindung zum Abonnenten ausbauen, weil dieser besser über den Inhaltskatalog informiert wird und so für den ein oder anderen Titel begeistert werden kann.
Zum Abschluss: Wir freuen uns sehr über Disney+ und haben unsere Vergangenheit mit Disney, sehen aber noch viele Baustellen, die es zu beheben gilt. Dabei blicken wir positiv in die Zukunft. Schritt für Schritt. Und an dich, liebes Disney+, wollen wir noch eins richten: „Möge die Macht mir dir sein!“.
Und an euch, liebe Leser, vielen Dank, dass ihr uns eure Zeit geschenkt habt. Wir hoffen, ihr konntet etwas mitnehmen.
Habt ihr Ergänzungen, Fragen oder Anregungen? Oder zu einem Punkt eine ganz andere Meinung bzw. Sichtweise? Dann lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen. Wir freuen uns auf den Austausch mit euch.
Der erste Teil des Gastbeitrags ist bereits erscheinen.
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Wir bedanken uns bei Matthias und Melchior für ihren Beitrag sowie bei der Instagram-Seite Was gibt’s auf Disney+ für die Verfügungstellung der Problem- und Fehlerlisten.
Über die Autoren
Mein Name ist Matthias und ich bin seit Kindheit Fan von Disney und natürlich auch weiteren Produktionen im Zeichentrick-Bereich. Seit Anfang 2022 bin ich zudem Produzent des Podcasts „Filmgedanken“. Wie Melchior, interessiere auch ich mich für die Synchronisation und habe ein Auge für Grammatik bei Episodenbeschreibungen und ein Ohr für die Qualität der Audiospuren, welche ich dann als Feedback zu Disney+, aber auch zu Netflix, weitergebe.
Mein Name ist Melchior und ich bin mit Disney aufgewachsen. Vor ein paar Jahren habe ich damit begonnen, mich intensiver mit den Produktionen des Disney-Konzerns auseinanderzusetzen und beobachte die Entwicklung von Disney+ stetig. Nebenbei beschäftige ich mich mit den Thema Lokalisierung von Inhalten.
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Eine Antwort auf „Gastbeitrag: Über 2 Jahre Disney+ in Deutschland und alle Fehler gefixt?! – Teil 2“