Jacob Frey im Interview: „Das Schlimmste ist, wenn jemand meinen Film sieht und dann sagt: ‘Ich bin ganz schön hungrig. Lass uns mal was essen gehen.’“

Disney+ bringt regelmäßig neue Inhalte raus und probiert sich auch viel mit neuen Inhalten aus. Zu den neuesten Inhalte gehört die zweite Staffel der Walt Disney Animation Studios “Kurzschluss” Experimentalfilme (auf Disney+ ansehen). Fünf neue Shorts sind ab sofort zu bestaunen – einer davon stammt von Jacob Frey: „Going Home“.

Wenn ihr zu unseren langjährigen Lesern gehört, sagt euch der Name sicherlich noch etwas. Denn Jacob ist ein deutscher Animator, der in Kalifornien für die Walt Disney Animation Studios arbeitet. Vor etwa fünf Jahren durfte ich schon einmal mit Jacob über seinen Werdegang und seine Animationsarbeit für „Vaiana“ (Moana) sprechen. Vor Kurzem habe ich ihn erneut zum Gespräch getroffen und wir reden über seine Regiearbeit an „Going Home“ bzw. zu Deutsch „Nach Hause kommen“.

Der Trailer zur 2. Staffel der Kurzschluss Experimentalfilme

Interview mit deutschem Disney Animator Jacob Frey

Disney Central: Als wir vor knapp 5 Jahren das letzte gesprochen haben, warst du als Animator noch relativ neu bei Disney und hattest gerade “Moana” abgeschlossen. Nun hast du bereits bei deinem ersten Disney-Kurzfilm Regie geführt. Was hast du in der Zwischenzeit gemacht und wie kam es zu deinem Regie-Debüt?

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Jacob Frey: Seitdem habe ich an mehreren Filmen gearbeitet: Vaiana, Chaos im Netz, Die Eiskönigin II, Raya und der letzte Drache und jetzt gerade animiere ich etwas an Encanto. Ich wurde auch als Head of Workflow Characters befördert, was eine neue Position ist. Da übersehe ich die technische Abläufe im Studio aus der Charakter-Perspektive.
Das Kurzschluss Programm gibt es schon seit längerer Zeit im Studio. Da können Leute anonym einen Pitch einreichen. Und ich habe mich seitdem jedes Jahr beworben, aber kam nie ran. Ich habe mich die ganze Zeit mit einem time-lapse Film beworben – also die Technik, die ich dann auch bei “Going Home” eingesetzt habe – aber jedes Mal habe ich die Story noch etwas angepasst. 2019 wurde ich dann als einer von 2 oder 3 genommen, weil die Leute meinen Pitch mochten, und durfte meinen Kurzfilm machen, was total cool war.

Disney Central: Das Kurzschluss-Programm besteht ja aus “Experimentalfilmen”. Heißt das, du hattest bei der Erstellung komplett freie Hand?

Jacob Frey: Das Programm wird als experimentell bezeichnet, weil die Filmemacher machen können, was sie wollen. Alles was ihr seht, basiert auf meinen Ideen. Natürlich haben viele Artists mitgemacht. Der spezielle Look zum Beispiel, dass alles etwas flacher aussieht, war eine Zusammenarbeit mit mehreren Leuten im Studio. Hans-Jörg Keim, ein weiterer Deutscher, und Alexandre Cazals, ein Franzose, waren daran beteiligt.

Aber man ist halt etwas begrenzt, weil man keine unendlichen Ressourcen hat – auch wenn es eine Disney-Produktion ist. Ich hatte ein Fenster von vier Monaten und eine begrenzte Anzahl an Leuten für eine begrenzte Zeit jeweils. Von daher muss man schon schauen, dass man die Ressource vernünftig verwendet. Aber rein erzählerisch konnte ich machen, was ich wollte.

Es war schon sehr seltsam, meinen Eltern einen Kurzfilm zu zeigen, der quasi sagt: “Passt mal auf – ihr sterbt bald”.

Disney Central: In “Going Home” gibt es eine emotionale Verbindung zwischem dem Protagonsten und seinen Eltern. Bei unserem letzten Interview hattest du erzählt, wie du die emotionale Szene zwischen Moana und ihrer Mutter, kurz bevor sie von zuhause fortläuft, animiert hast. Gibt es hier eine Verbindung? Steckt da eine persönliche Geschichte hinter?

Jacob Frey: Natürlich ist da eine persönliche Geschichte hinter. Der Film basiert auf meiner eigenen Erfahrung, wie ich immer nach Hause reise und bei jedem Besuch die Veränderung meiner Heimatstadt Hilden sehe. Aber natürlich auch die Veränderung bei meinen Eltern erkenne. Nach sechs Monaten oder einem Jahr, wenn ich aus den USA mal wieder nach Hause komme, sieht da immer kleine Dinge, die sich verändern. Ob meine Eltern jetzt immer dieselben Fragen stellen und sich ein bisschen wiederholen oder etwas zerbrechlicher wirken. Das ist mir immer wieder aufgefallen und hat mich etwas traurig gemacht.

Aber mit der Verbindung zu “Moana” hast du total recht – da habe ich noch nie drüber nachgedacht. Das ist thematisch tatsächlich sehr nah beieinander. Da war ich auch emotional total involviert, weil ich es so toll fand, dass die Mutter ihrer Tochter hinterher rennt und ihr beim Packen hilft, um ihrer Bestimmung zu folgen.
Damals, als ich in die USA gekommen bin, wurde meine Mutter gerade mit Krebs diagnostiziert – zwei Wochen bevor ich in die USA geflogen bin. Ich war dabei, als sie zur Untersuchung ins Krankenhaus gekommen ist. Das erste, was sie mir gesagt hatte als sie rauskam und gerade erfahren hat, dass sie einen Tumor hat, war: “Du gehst trotzdem zu Disney. Ich weiß, es ist dein Traum. Du musst das machen.” Da habe ich mich bei Moana total mit verbunden gefühlt.

Und in Bezug auf “Going Home”: Leute leben nicht ewig. Irgendwann reist man vielleicht nicht mehr nach Hause, um seine Familie zu besuchen, sondern weil sie vielleicht nicht mehr existieren. Aber meiner Mutter geht es gut, der Tumor wurde rausgenommen und geheilt. Meine Eltern sind auch beide noch am Leben. Unser Hund ist jetzt 15 Jahre alt und meine Mutter hat mich schon vorgewarnt, dass der Hund bei meinem nächsten Besuch nicht mehr da ist. Es war schon sehr seltsam, meinen Eltern einen Kurzfilm zu zeigen, der quasi sagt: “Passt mal auf – ihr sterbt bald”. Das war sehr surreal, aber das ist die Geschichte hinter dem Film.

Es sind die Momente zwischen den Cuts, die zählen.

Disney Central: Hast du denn, wenn du tatsächlich mal wieder aus Burbank zurück nach Hilden fliegst, eher solch negative Gefühle oder bleibt auch noch etwas Vorfreude übrig?

Jacob Frey: Das ist eine gute Frage. Im Film zeige ich ja nur die – nicht negativen, aber die – nostalgischen “Ich bin im Zwiespalt”-Momente, die durch die Veränderung ausgelöst werden. Man muss aber bedenken, dass man nur die Momente sieht, wo er durch die Stadt geht und bei seinen Eltern ankommt. Aber jedes Mal, wenn ein Schnitt einsetzt, verbringt er ja die Zeit mit seinen Eltern und in seiner Heimatstadt. Ich zeige die Momente, die vielleicht nicht so erfreulich sind, aber mit jedem Besuch kommen natürlich auch Freude und tolle Momente auf. Und darum geht es auch: Dass man diese Momente besser zu schätzen weiß und sie bewusst mit seinen Freunden und seiner Familie verbringt.

Disney Central: Eine tolle Message! Hättest du auch mal Lust, bei einem abendfüllenden Spielfilm Regie zu führen? Ist das etwas, auf das du hin arbeitest?

Jacob Frey: Ich habe ja schon vor meiner Zeit bei Disney bei mehreren Kurzfilmen Regie geführt. Das ist etwas, das ich an der Filmakademie für mich entdeckt habe und habe da auch total Spaß dran. Ich arbeite gerade an einem persönlichen Projekt außerhalb des Studios mit der deutschen Filmförderung. Ich werde also auf jeden Fall auch weiter Regie führen. Es ist natürlich schwieriger, die Möglichkeiten zu bekommen, an einem Langspielfilm Regie zu führen. Aber das wäre natürlich mein Traum.

Für “Going Home” waren meine Eltern mein Zielpublikum – das war mir unglaublich wichtig.

Disney Central: Beim letzten Mal hatte ich dich gefragt, wie es für dich ist, an Filmen zu arbeiten, die eine komplette Generation prägen. Heute möchte ich dich dasselbe noch einmal fragen:
Wie ist es für dich, an Filmen zu arbeiten, die eine komplette Generation geprägt haben?

Jacob Frey: Ich weiß gar nicht, wie ich da beim letzten Mal drauf geantwortet habe. Aber ich denke, da hat sich nichts dran verändert. Es ist unheimlich cool, bei einer Firma zu arbeiten, wo du weißt, dass die Filme in der ganzen Welt gesehen werden und Leute sich damit emotional verbunden fühlen. Und was für mich das Wichtigste bei Filmen ist: Klar wollen Leute unterhalten werden, aber der emotionale Teil ist es, worum es wirklich geht. “Going Home” habe ich überwiegend für meine Eltern gemacht und für mich selber. Für mich ist es niemals das Ziel, meine Projekte für andere Leute zu machen. Mir geht es nicht darum, dass Leute im Internet sagen, wie toll der Film ist. Ich will etwas machen, an das ich selber glaube und wovon ich komplett überzeugt bin – in das ich all meine Energie reinstecken möchte, um eine tolle Geschichte zu erzählen. Es ist natürlich super zu erfahren, dass sich Andere damit indentifzieren können und den Film mögen. Für “Going Home” waren meine Eltern mein Zielpublikum – das war mir unglaublich wichtig.

Aber zu deiner Frage: Es unglaublich cool zu hören, dass Leute sich damit identifizieren können, auch wenn ich damit nicht unbedingt eine ganze Generation prägen werde. Aber das ist der Grund, warum viele Menschen Filme machen. Um Emotion zu erzeugen und Leute zum Nachdenken zu bringen. Ich denke, Andere zum Nachdenken zu bringen, ist sogar meine Hauptmotivation. Das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann, ist, wenn jemand meinen Film sieht und dann sagt: “Ich bin ganz schön hungrig. Lass uns mal was essen gehen.” Ich möchte, wenn Leute einen Film schauen, dass sie darüber nachdenken und es selbst ein bisschen reflektieren.

Disney Central: Und ich denke, das ist dir ganz gut gelungen. Dem Feedback online zu Folge kam der Film wirklich sehr gut an und viele haben die persönliche Bindung gespührt.
Die Kurzschluss-Experimentalfilme sind ja auf Disney+ zu finden. Hast du eine persönliche Film- oder Serienempfehlung für uns – abseits von deinen eigenen Filmen natürlich?

Jacob Frey: Meine Frau und ich haben “The Mandalorian” gerne geschaut und “Loki” fanden wir super cool. Ein Grund, warum ich damals angefangen habe, Animation zu lernen, war der Film “Findet Nemo”. Ich finde den Film unglaublich cool und die Geschichte super spannend. Ich denke, das ist eines der besten Skripte, die jemals geschrieben wurden, und bin totaler Fan von Unterwasserwelten. Deshalb unbedingt “Findet Nemo” anschauen, falls ihr ihn noch nicht gesehen habt. Ansonsten bin ich auch ein absoluter Fan von alten Micky-Maus-, Donald-Duck- und Goofy-Cartoons, die haben mich als Kind unheimlich inspiriert und in eine eigene Welt versetzt. “Chip und Chap – Die Ritter des Rechts” find ich super, “Darkwing Duck”. Es gibt so viele tolle Disney-Serien, mit denen ich aufgewachsen bin. “Robin Hood” ist super. “Die Hexe und der Zauberer” ist unglaublich und hat unglaublich coole Animationen.

Disney Central: Ich merk schon, die Liste wird lang.

Jacob Frey: Ja, ich meine, der Disney-Katalog ist riesig. Und jeder Film ist ein Klassiker, den man eigentlich sehen sollte.

Disney Central: Wir haben jetzt auch “Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew” neu auf Disney+ in Deutschland!

Jacob Frey: Ist auch eine total coole Serie! [Fängt an den Titelsong zu singen]

Key Art zur 2. Staffel von Kurzschluss inklusive Going Home
Key Art zur 2. Staffel von Kurzschluss, © Disney

Disney Central: Hast du unter den anderen Kurzschluss-Experimentalfilmen deiner Kollegen einen Favoriten oder Empfehlungen?

Jacob Frey: Die sind alle total cool, um ehrlich zu sein. Ich will jetzt eigentlich sagen, dass ich sie alle gleich mag. Ich bin natürlich mehr verbunden mit der zweiten Staffel, weil ich mit den Leuten mehr zusammen gearbeitet habe. “Crosswalk” von Ryan Green ist super, “No. 2 to Kettering” von Liza [Rhea] ist super, “Songs to Sing in the Dark” von Riannon [Delanoy] ist super und “Dinosaur Barbarian” von Kim [Hazel] ist auch super. Von daher habe ich da keinen Favoriten. Ich würde einfach alle anschauen. Ich meine: Die sind so kurz, dass das nicht eine Ewigkeit dauert. Und jeder Film hat etwas Besonderes. Der Song-Teil von “Songs to Sing in the Dark” ist total cool mit den beiden Figuren und dem Mix zwischen 2D und 3D. “Dinosaur Barbarian” ist total whacky mit der 2D-Animation und da posten gerade auch Viele, die daran gearbeitet haben, beak-down-Sachen auf Instagram, was total inspirierend ist. “Crosswalk”: Claymation Style und toller, echt witziger Slapstick. Und dann der emotionale Teil von “No. 2 to Kettering”, wo es um diese kleine Gestik geht, die diesen kompletten Bus verwandeln kann.

Disney Central: Ihr habt also eng zusammen gearbeitet?

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Jacob Frey: Liza [Rhea] von “No. 2 to Kettering” und ich saßen beide im selben Büro, dadurch konnten wir uns beide gegenseitig gut unterstützen. Sie ist eigentlich ein Modeling Artist und ich als Animator konnte ihr bei Animationsfragen helfen und sie mir beim Set Modeling ein bisschen geholfen. Das war total cool, dass man sich da gegenseitig unterstützt und Ryan Green hat bei “Dinosaur Barbarian” das komplette Storyboard gemacht. Das ist halt das Coole bei den Kurzschluss-Filmen, das man so viel hin und her springen kann, um Anderen zu helfen.

Disney Central: Vielen Dank für das tolle Interview. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Bis zum nächsten Mal!

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