Star Wars Kolumne: Jar Jar Binks und das Toxic Fandom

In meiner Kolumne “Zerstört das Reboot das “DuckTales” meiner Kindheit?” hatte ich das Thema toxisches Fandom (toxic fandom) nur angeschnitten. Ein Fall für toxisches Fandom aus Zeiten, in denen das Internet noch keine so große Rolle spielte, wie heute – es zumindest keine sozialen Netzwerke gab (diese in dem Zusammenhang, dass eben jene Portale heute oft für Hass genutzt werden, weiterhin “sozial” zu nennen, fällt mir echt schwer), ist exemplarisch . Eine Figur aus einem Franchise war dermaßen unbeliebt, dass sich das Fandom von seiner hässlichsten Seite zeigte. In diesem Beitrag möchte ich mich mit dieser Figur widmen und damit aufzeigen, zu was toxisches Fandom letztlich führen kann.

Jar Jar Binks

Als 1999 mit “Star Wars: Die dunkle Bedrohung” die Prequel-Trilogie startete, tauchte ein neuer Charakter auf: Jar Jar Binks.

Jar Jar Binks war ein männlicher gunganischer Militärkommandant und Politiker, der während der Invasion von Naboo und den Klonkriegen, die im Fall der Galaktischen Republik und dem Aufstieg des Galaktischen Imperiums gipfelten, eine Schlüsselrolle spielte. Einst wegen seines unbeholfenen Verhaltens von der gunganischen Gesellschaft ausgestoßen, gewann er die Gunst seines Volkes zurück, indem er dazu beitrug, ein Bündnis zwischen dem Gungan-Boss Rugor Nass und Königin Padmé Amidala von Naboo zu schließen, ein Bündnis, das für die Beendigung der Invasion der Handelsföderation in ihrer gemeinsamen Heimatwelt von entscheidender Bedeutung war. In den darauffolgenden Jahren wurde Binks zum Junior-Vertreter seines Volkes im Galaktischen Senat und diente an der Seite von Amidala, als diese Senatorin des Planeten wurde.

Wenngleich er in der Story die Gunst seines Folges zurück erlangte, gelang ihm das im Star Wars – Fandom nicht. Jar Jar Binks gilt bis heute als eine der unbeliebtesten Star Wars – Figuren.

Jar Jar Binks
© StarWars.com

Warum ist Jar Jar Binks so unbeliebt?

Das ist sicherlich die Frage, die nun eher die beantworten könnten, die ihn nicht mögen. Ich lehne mich aber mal aus dem Fenster und behaupte: es sind genau die Eigenschaften, weswegen ich den Charakter so mag (nun ist es raus): er ist eine sehr alberne Figur, die mit ihren Slapstickeinlagen viel kaputt macht, scheinbar zufällig dann aber auch einiges richtig. Jar Jar ist für mich die Figur, die bei Star Wars am ehesten Disneys Goofy entspricht – und wer mich kennt weiß, dass ich solche Figuren mag. Was bei Disney mit Goofy aber längst akzeptiert zu sein scheint, scheint für einige Star Wars – Fans viel zu albern zu sein. Star Wars stand mit der riesigen Galaxis, in der es spielte, schon immer für eine Vielzahl an außergewöhnlichen Charakteren. Natürlich gab es dabei auch von Anfang an humorvolle Sidekicks, man denke nur an C-3PO im Zusammenspiel mit R2-D2, die Ewoks oder den Wookie Chewbacca. Selbst der ehrwürdige Meister Yoda hat durch seine Körpergröße und seine eigene Grammatik etwas humorvolles an sich. Waren bei der Prequel-Trilogie die ursprünglichen Fans nun vielleicht einfach zu erwachsen für diese Art der komischen Elemente? Ich unterstelle sogar, dass viele Jar Jar Binks nicht mochten, weil es andere, sehr laute “Fans” nicht taten. Wer Jar Jar mochte, galt in Fan-Kreisen vermutlich als “uncool”. Insgesamt galt die Prequel-Trilogie bei vielen alten Fans nicht als besonders beliebt – bis die Sequel-Trilogie kam.

War “Star Wars: Das Erwachen der Macht” wegen seines Tons noch sehr Willkommen bei den alten Fans, erhielt Rian Johnsond “Star Wars: Die letzten Jedi” ein ähnlich vernichtendes Urteil, da er für viele plötzlich zu humorvoll bis albern ausgefallen war. Ob das immer viele Fans sind, lässt sich gar nicht so genau sagen. Zumindest sind es aber – wie oben bereits erwähnt – immer wieder die lautesten, in deren Wehgesang andere dann mit einstimmen. Dabei wäre es so einfach, etwas, das jemandem persönlich nicht gefällt zu ignorieren und die Energie in etwas sinnvolles fließen zu lassen, oder zumindest in ein Thema, das besser gefällt. Es handelt sich letztlich “nur” um Popkultur. Stattdessen wird das Unbeliebte teilweise fanatisch bekämpft. Dem wird dann gerne zugeschrieben, etwas kaputt gemacht zu haben. Dabei machen sich betroffene Personen das geliebte Ursprungswerk dann allerhöchstens selbst kaputt. Auch hierzu muss ich wieder auf die oben verlinkte Kolumne verweisen.

Toxisches Fandom

Im Fall von Jar Jar Binks wurde sehr viel Energie darauf verwendet, den Hass über die Figur zum Ausdruck zu bringen. Ahmed Best war der Darsteller, der Jar Jar Binks per Mo-Cap-Verfahren zum Leben auf der Leinwand erweckte. Über ihn ergoss sich etwas, das wir heute als Shitstorm bezeichnen würden. Dabei gab es die oben erwähnten sozialen Medien noch nicht einmal. Bei allem ist nochmal heraus zu stellen: man kritisierte nicht die darstellerische Leistung Bests, man mochte lediglich die Figur nicht, die er darstellte. Aber dabei blieb es nicht. Der Darsteller erhielt Morddrohungen. George Lucas reagierte zwar und setzte Jar Jar in den Filmen „Star Wars: Angriff der Klonkrieger“ und „Star Wars: Die Rache der Sith“ nur noch als Nebencharakter ein. Schließlich belastete Darsteller Ahmed Best der Hass der Fans im Laufe der Zeit so sehr, dass er gegen Selbstmordgedanken ankämpfen musste. Dabei unterstützte ihn eigenen Aussagen nach der Gedanke an seinen kleinen Sohn.

Ähnlichem war Schauspielerin Kelly Marie Tran ausgesetzt, die in oben bereits erwähntem “Star Wars: Die letzten Jedi” die Rolle der Rose Tico verkörperte. Auch hier wussten viele Fans nichts mit ihrer Rolle anzufangen. Daraufhin wurde die Schauspielerin Opfer sexistischer und rassistischer Anfeindungen und zog sich damals aus den sozialen Netzwerken zurück. Ihre Figur Rose Tico hatte in “Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers” nur noch eine Nebenrolle.

Jar Jar Binks in den Star Wars Filmen
© StarWars.com

Jar Jar war vielleicht eine größere Rolle angedacht

Dass George Lucas reagierte und Jar Jar Binks nur noch Nebenrollen zuschrieb, habe ich bereits erwähnt. Dabei gibt es die Theorie, dass Jar Jar eine größere Rolle zugedacht war: Jar Jar Binks sollte selbst ein Sith Lord und der große Drahtzieher in der Prequel-Trilogie sein. Manche vermuten sogar, er wäre demnach eine weitere Verkörperung von Darth Plagueis gewesen, dem ehemaligen Meister von Darth Sidious. Nun könnte man dem entgegensetzen, dass dies ja gar nicht möglich sei, da es immer nur einen Schüler und einen Meister geben könne. In Star Wars spielt man jedoch oft mit der Erwartungshaltung. Das zeigte sich schon, als Luke Skywalker in “Star Wars: Das Imperium schlägt zurück” mit Yoda einen großen Jedi-Meister erwartete, der Yoda zweifellos auch war, körperlich jedoch das Gegenteil darstellte.

Jar Jar Binks, der sich ungeschickt und albern anstellt, sollte nun ein Sith-Lord sein? Wenn dies kein Spiel mit der Erwartungshaltung gewesen wäre, was dann? Tatsächlich gibt es ein paar Hinweise auf die Theorie, besonders wenn man bedenkt, dass Jar Jar eine Figur ist, die komplett via CGI animiert wurde. So soll man in “Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung” immer wieder erkennen können, dass Jar Jar die passende Handbewegung zum Yedi-Gedankentrick einsetzen soll. In einigen Szenen kann man auch sehen, dass Binks simultan zu anderen Personen seine Lippen bewegt, was ebenfalls als Hinweis auf seine Gedankenkontrolle gesehen wird. Ob das alles Zufälle oder Fehler sind oder ob es wirklich einen größeren Plan um Jar Jar gab, mag jeder für sich selbst bewerten. Interessant ist es allemal, sich auf dieses Gedankenspiel einzulassen. Ob nun diese oder andere Geschichten: im Zweifel könnten uns durch toxisches Fandom bereits große Geschichten entgangen sein, die nie erzählt wurden.

Jar Jar bewegt die Lippen scheinbar synchron zu denen einiger Charaktere

Rückkehr als Jedi Ritter

Ahmed Best hat mit dem Star Wars – Franchise offenbar seinen Frieden gemacht. In der Star Wars – Spielshow “Star Wars: Jedi Temple Challenge” fungierte er als Moderator und Spielleiter. Die Kandidaten sind Kinder, die in Zweierteams Aufgaben bestehen müssen, um den Rang eines Jedi zu erlangen. Ahmed Best kreierte mit den Machern der Show einen neuen Charakter für sich: Jedi-Meister Kelleran Beq. Als dieser unterwies er die teilnehmenden Kinder in den Jedi-Künsten.

SPOILER zu aktuell laufenden Serien (Zum Lesen aufklappen)

Sag mir alles!

Eben jener Kelleran Beq tauchte in einer Rückblende der vierten Folge der dritten Staffel von “The Mandalorian” auf. Auch hier wurde er von Ahmed Best verkörpert. Kelleran Beq war es – so erfahren wir in jener Rückblende – der Grogu vor den die Order 66 ausführenden Klontruppen aus dem Jedi-Tempel und in Sicherheit zu bringen. Gemeinsam begaben sie sich einem Treffen mit noch nicht näher benannten Freunden.

Ahmed Best ist also zurück im Star Wars – Franchise. Es ist ihm zu wünschen, dass er sich nie wieder den Folgen von toxischem Fandom ausgesetzt sehen muss.

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