Toy Story Interviews: Michael Bully Herbig über Woody

Lesedauer ca. 6 Minuten

Heute lest ihr das Interview mit Michael Bully Herbig. Ihr kennt ihn als Comedian, Regisseur und Schauspieler aus seinen Projekten wie die „Bullyparade“, „Der Schuh des Manitu“ und „(T)Raumschiff Surprise“.
Wir haben ihn in Berlin für euch getroffen und gemeinsam mit weiteren Journalisten mit ihm über seine Verbundenheit zu Toy Story, seinen Erfahrungen als Filmemacher und im Synchronstudio gesprochen.

Wie ist es, erneut Woody zu sprechen?

In den ersten beiden Teilen hat ja der großartige Peer Augustinski Woody gesprochen, der aber leider beim dritten Teil nicht mehr zur Verfügung stand. Daraufhin wurde ich angefragt. Mir war natürlich klar, auf was ich mich da einlasse. Denn es gibt natürlich ganz viele Fans, die die gewohnte Stimme wieder erwartet haben und dann auch enttäuscht waren. Glücklicherweise kamen aber auch ein paar neue Fans dazu. Für die war das dann völlig okay.
Als die Anfrage kam, ob ich Woody auch im vierten Teil wieder übernehmen will, habe ich natürlich ja gesagt. Da der Film jetzt offiziell auch keine Zahl hintendran hat sondern einfach nur „A Toy Story“ heißt, gehe ich davon aus, dass ich die nächsten 20 Jahre noch was zu tun haben werde.

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Das allererste Angebot von Disney habe ich ja für „Ein Königreich für ein Lama“ bekommen. Zu der Zeit kam ein Disney-Film wenn überhaupt einmal im Jahr ins Kino. Das war wie ein Ritterschlag, wenn die dich angerufen haben. Und da geht’s gar nicht um Kohle sondern da geht’s um: „I madeit!“ Und das hat schon einen riesen Spaß gemacht.

Und am Ende ist es ja fast egal. Bei so ‘nem Pixar-Filmmachst du einfach nichts falsch. „Toy Story“ hat natürlich noch einmal dieses ganz besondere Schmankerl, weil es halt der Urknall war und es so viele Fans gibt.

Und was mich persönlich natürlich noch mal daran gefreut hat: Ich hab’ ja schon alles hinter mir. Ich war Indianer, Raumfahrer, Prinzessin, der Tod. Und hier bin ich halt der Cowboy.

Wir haben den Film zur Vorbereitung nur auf Englisch gesehen.

Ich hab ihn ja auch noch nicht fertig gesehen. Gerade beim Synchron ist ja das Bild noch nicht mal ganz fertig. Ihr habt mir also was voraus! Sieht er denn gut aus? Ja? Gut! (lacht)

Die paar fertigen Shots, die ich gesehen habe, sahen ganz fantastisch aus und haben mit dem ersten Teil so überhaupt nichts mehr zu tun.

Wenn ich mich so dran erinnere, wie ich vor 24 Jahren den Film gesehen habe, wusste ich gar nicht, was ich dazu sagen sollte. Auf der einen Seite fand ich’s total faszinierend – so neu und so anders. Auf der anderen Seite war man die charmanten Disney-Zeichentrickfilme gewohnt und nun kommt dieses cleane Ding daher. Man hatte den Eindruck, es hat so überhaupt keine Seele. Aber die Story war dann am Ende so stark, dass man das im Laufe der Zeit vergessen hat. Wenn man sich dann die Filme heute anschaut, weiß man ja gar nicht, wo das noch hinführen soll.

Bei Animationsfilmen gibt es ja schon seit einer ganzen Weile die Tendenz, Prominente statt Synchronschauspieler zu engagieren. Kann das jeder?

Nein, selbstverständlich nicht! (In Charge)
Glücklicherweise hat das nichts mit der klassischen Synchronarbeit in dem Sinne zu tun. Ich würde keine Rolle in einem Realfilm übernehmen. Mir liegen animierte Figuren einfach mehr, als zum Beispiel Brad Pitt (lacht) Das ist ‘n anderer Schnack, das müssen Synchronsprecher sein.
Was mich manchmal ein bisschen verwundert ist, dass es beim Synchron eine Eigenart gibt, Dinge anders auszusprechen. Ich weiß nicht, wo das herkommt, aber da ist immer wahnsinnig viel Druck auf den Worten. So spricht doch keiner im realen Leben. Aber es sind die Zuschauer auch irgendwie so gewohnt.
Ich mach manchmal, wenn ich mir ‘nen Film angucke, der nicht so der Burner ist, die Augen zu und hör einfach zu. Das ist manchmal viel lustiger als der Film.
Bei den deutschen Synchronisationen fällt auch oft auf, dass die Mischung überhaupt nicht so wie im Original ist, sondern viel mehr eingebettet und viel lauter. Manchmal denk ich mir dann: „Wo ist denn der Ton? Ich höre die Tür überhaupt nicht und die Sprache ist ganz weit vorne.“ Das ist so ‘ne Unart, die entstanden ist, weil man gesagt hat: „Man muss die Leute verstehen“. Da ist was dran – natürlich soll man die Leute verstehen. Aber man kann‘s auch so mischen, dass man vom Rest auch noch etwas hat.

Wir haben ja ganz tolle Stimmen in der deutschen Synchronlandschaft.

Doch, es gibt absolut tolle Stimmen! Wenn ich zum Beispiel an die Synchronstimme von Captain Kirk denke, Gert Günther Hoffmann: Damit bin ich groß geworden, da hast du auch sofort ‘ne Assoziation.
Als wir damals den Trailer für „(T)Raumschiff Surprise“ ins Kino gebracht haben, habe ich gesagt: „Wir brauchen eine Stimme, die den Leuten vorgaukelt, wir hätten hier einen Hollywood Film.“ Und dann hab ich einfach die Synchronstimme von Jack Nicholson [deutsche Stimme: Joachim Kerzel] genommen. Und alle dachten: „Wow, das klingt so amerikanisch!“. (lacht) Sie haben die Stimme erkannt. Das ist so ‘ne Assoziation, das klingt nach Hollywood. Mit solchen Tricks kann man schon ein bisschen was erreichen.

Wenn du wie Woody eine Schnur auf dem Rücken hättest und ich dran ziehen würde: Was würde da für ein Spruch bei dir rauskommen?

“Servus!“ oder „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“. Die Klassiker halt. (lacht)
Witzigerweise werde ich oft mit diesen Zitaten konfrontiert, obwohl ich sie selbst ja nicht benutze. Aber ich werde permanent damit angesprochen, deshalb vergesse ich sie auch nicht.

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Was war dein Lieblingsspielzeug damals als Kind?

Gute Frage. Es ist nicht so spektakulär, aber trotzdem sehr interessant: Ich hatte einen Ball. Und dieser Ball war de facto mein Lieblingsspielzeug. Er hatte auch einen Namen. Er hieß Ball.
Und wenn es dann hieß: „Was machst‘n heute?“, dann sagte ich: „Ich geh raus, ich spiele mit Ball“. Ball war immer dabei. Im Rucksack, in der Schule. Ich habe auch lange überlegt, ob ich Fußballweltmeister werden möchte, habe mich dann doch für das Filmemachen entschieden.


Viele von uns sind mit Disney aufgewachsen. Und heute ist es ja schwer, Disney zu entkommen. Disney hat sich ja ins Erwachsenenleben reingeschlichen. Entgehst du dem oder bist du auch überall dabei, bei „Avengers: Endgame“, usw.?

Ich gucke mir das an, weil ich natürlich wissen möchte, was da passiert. Aber ich bin mehr „Star Wars“ als „Avengers“ Fan. Man könnte das Gefühl bekommen, dass das sehr viel erdrückt. Manchmal hat man den Eindruck, es gibt nur noch Marvel und „Star Wars“. Aber es ist natürlich auch die Nachfrage. Man kann dem Studio oder den Filmemachern keinen Vorwurf machen, dass sie diese Filme machen. So lange sie im Kino funktionieren werden sie gemacht. Entweder versuchst du mit etwas Neuem das Publikum zu erreichen oder du haust immer in dieselbe Kerbe, bis es nicht mehr geht.


Hat sich bei dir von den Disney-Klassikern irgendetwas speziell eingeprägt?

Wenn ich an die Klassiker denke, fällt mir als erstes „Das Dschungelbuch“ ein. Das war auch immer wieder ein Event, als diese Filme dann wieder ins Kino kamen. Im Fernsehen liefen sie schließlich nicht. Ich verbinde damit eigentlich sehr schöne Erinnerungen, das war noch etwas Besonderes und hatte einen großen Event-Charakter.
In der Schule hatte mal jemand einen Super-8-Projektor aufgebaut. Man konnte damals kleine Szenen auf Super 8 kaufen, zum Beispiel von „Bernard und Bianca“. Ohne Ton. Wir saßen dann da einfach fünf Minuten fasziniert im Klassenraum. Das war schon etwas Besonderes! Heute ist alles immer sofort verfügbar und verliert dadurch auch ein Stück an Wertigkeit. Das ist ein bisschen schade.

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Berlin 2019-06-19 Disney Pixar “Toy Story 4” Deutsche Synchronstimmen beim Photocall auf der Terrasse des Berliner Hotel de Rome Bully Herbig, Sonja Gerhardt, Michi Beck photo: Hanna Boussouar

Hast du eigentlich schon ein Angebot aus Hollywood bekommen?

Da gibt’s immer mal wieder so vorsichtige „Na, wie sieht’s denn aus?“ Meine größten Erfahrungen dieser Art habe ich nach dem „Schuh des Manitu“ gemacht. Das Thema ist dann aber nicht: „Wir haben hier was für dich“ sondern „Was willst‘n machen?“ Und da dachte ich mir: „Ich erzähle euch doch jetzt nicht meine Ideen!“ Und wenn du dir dann doch diese Drehbücher durchliest, denkst du dir: „Naja, das haben sie halt irgendwo noch in der Schublade gehabt, das wollte wahrscheinlich keiner machen, jetzt geben wir’s mal dem Herbig. Mal gucken, was passiert.” Sie schmeißen dir was hin und hoffen, dass von den Kreativen etwas zurückkommt. Und dann geben sie dir die Chance.
Ich erzähle das jetzt nur, weil ihr fragt! „(T)Raumschiff Surprise“ lief im selben Jahr wie „Star Wars: Episode III“ und war erfolgreicher. Da wurde ich gefragt, ob ich mir nicht mal die Skywalker Ranch ansehen möchte. Ich sagte „Klar!“ und es kam eine E-Mail zurück: „George is very excited.“ Ich fragte mich: „Welcher George? Ich kenn’ da niemanden.“
Ich bin dann zwei Stunden rumgeführt worden und kam dann zu George Lucas ins Büro. Ich musste echt aufpassen, dass ich da nicht den Fanboy raushängen lasse. Er ist einer der Gründe, warum ich heute Filme mache! Und dann saß ich da in dem Büro allein mit George. Das Gespräch war dann wirklich so von Filmemacher zu Filmemacher. Das war dann egal, dass ich Komödien mache. Für ihn war ich ein Typ, der erfolgreiche Filme macht, der irgendetwas richtig machen muss.
Ich bin leider nicht auf die Idee gekommen, ihm irgendwas zu pitchen, für mich war das einfach Spaß. Aber natürlich hätte man die Chance nutzen können und sagen können: „Übrigens, ich bin bereit für den nächsten Star Wars.“ (lacht)

Herzlichen Dank für das Gespräch und die spannenden Einblicke!

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„A Toy Story – Alles hört auf kein Kommando“ startet am 15. August 2019 in den deutschen Kinos!


Lest auch unsere Interviews mit Sonja Gerhardt (Giggle McDimples) und Michi Beck (Duke Caboom).

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